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Einführung von Ernst Hövelborn

Werner Grund – Retrospektive 2008

Meine Damen und Herren, liebe Frau Grund,

 

der Prozess der Gestaltgebung und das von Gestalt erfüllte Leben eines Malers ereignen sich in der sichtbaren Welt und in der Auseinandersetzung mit dem Konkreten. Dieses unmittelbar Konkrete zeigt sich vielfach in der Befremdlichkeit der Dinge und ihrem in letzter Konsequenz zugrunde liegendem Geheimnis und Rätselhaftigkeit. Der Maler selbst bewegt sich dabei auf der Grenze zwischen Subjektivität und Objektivität und sein Bemühen besteht darin,  durch die Vermittlung zu einer Einheit auf der Grenzlinie beider Erfahrungsweisen zu gelangen. Werner Grund war ein solcher Grenzgänger und seine Grenzgänge haben sich in Bildern von der Natur niedergeschlagen. Dies in einer Bandbreite, die teilweise mehr objektivierend die Gegenständlichkeit und damit die Gegenständigkeit einer Erscheinung hervorhebt, wie z.B. in der Abbildung auf der Einladungskarte, das vom Pflug aufgebrochene, schneebedeckte Feld mit dem Titel Hohenloher Winter aus dem Jahr 1982, dessen aufgeworfene Furchen in tiefem Schwarzbraun zum fernen Horizont sich hinziehen und damit dem Auge eine Tiefenperspektive eröffnen und zugleich ein Charakterbild einer von Bauernhand geprägten Landschaft erstellen.

 

Auf der anderen Seite kann sich die Erscheinung einer blühenden Frühlingswiese oder von farbkräftigen Blumen weiter hinein entwickeln in eine subjektiv aufgefasste und eingestimmte Farbkomposition, wie sie ebenfalls in einer Reihe von Werken mit dem Titel Rote oder Blaue Komposition hier zu sehen sind. Das Bestimmende besteht sowohl bei der mehr ins Gegenständliche und Abbildhafte drängenden Darstellung als auch bei den  abstrakten, rein auf das Wesen der Farbe beschränkten Kompositionen in dem  wechselseitigen Übergreifen des Subjektiven in das Objektive und umgekehrt, sodass sich damit ein permanentes Oszillieren der Gegensätze zwischen Subjekt und Objekt in den Bildern einstellt.

 

Jeder Maler, der sich mit der sichtbaren Welt auseinandersetzt wird von einem tief verwurzelten Verlangen  nach Konkretion geleitet, das aus der Erfahrung eines Widerspruchs sich herleitet, unter dem auch Vernunft und Verstand leiden und der sich aus der Dialektik von Erscheinung, der sog. phaenomena, und den Dingen an sich, den noumena, ergibt. Hegel hat dies etwas komplizierter, aber doch sehr treffend formuliert: „Die äußere Objektivität(…) muss ihre bloße objektive Selbstständigkeit aufgeben, um sich als in Identität mit dem zu erweisen, dessen äußeres Dasein sie ausmacht.“ Bei dem Blick auf die Landschaftsbilder von Werner Grund, sei es aus der frühen oder späten Phase, sei es die heimische Hohenloher Landschaft mit ihren auf Hochebenen angesiedelten Feldfluren und dem sich daraus ergebenden niedrigen Horizont und einem weit darüber gespannten Himmel oder ein Teil der mediterranen Welt, sei es im Wechsel der Jahreszeiten,  immer  stellt sich dabei der Eindruck des Bemühens um eine bestimmbare Konkretheit ein, die davon lebt, Trennungen aufzuheben, in denen wir leben und existieren; nämlich zwischen dem, was der Begriff Landschaft sagt und dem, was sie in ihrem schweigenden und vorbegrifflichen Dasein vermittelt oder dem Selbst des Künstlers offenbart.

 

Bei der Betrachtung der eindrucksvollen und von der Farbe ins unmittelbare Blühen erhobenen Blumenwiesen, die Werner Grund in unvergleichlicher Manier als Bildtafeln von hoher Farbdichte geschaffen hat, kommt das zur Wirkung, was Hegel fordert, dass sich das in seinem Kern mit dem als identisch erweist, was sein äußeres Dasein ausmacht und nicht allein mit dem Begriff  „Blumenwiese“abgetan werden kann.  Was hier erscheint und Werner Grund in Farbe und Form gebracht hat, ist ein Stück zur Stimmlichkeit erhobenen Natur, die als ein Ereignis von Farbe und Form ihre eigene Stimme erhebt. Der Begriff Blumenwiese wird anschaulich und zur Deckung gebracht, bzw. die Trennung aufgehoben, mit dem, was man als „anschauende Idee“ bezeichnet, die das beinhaltet, was dem reinen Wort Substanz und Dichte gibt und was letztendlich unaussprechlich bleibt und wiederum nur aus der Konkretheit der Blumenwiese, gemalt von Werner Grund als Sommerwiese, selbst erlebbar wird und sozusagen im Bild ein aufgehobenes und aufbewahrtes Dasein führt.

 

Dies wiederum, um diesen Gedanken zu Ende zu führen, stellt sich als das Andere der blühenden Wiese selbst,  nämlich als das ganz Andere dar, das, nach Heidegger, eben die Kunst selbst ist.  Werner Grund macht daraus ein Farbfleckereignis im Spiel der Farben und ihrem Aufblühen im Licht und damit auch ihrem Absinken in den Bereich des Dunklen, das sich zu einer bildhaften Einheit zusammenfindet, die wiederum als Verkörperung dieses Naturschauspiels selbst wirkt und die betrachtenden Personen in Bann zieht.  Dort auf dem Bild ereignet sich das, was sich bei der Betrachtung einer blühenden Wiese vor unseren Augen als sinnlich gegebene Unmittelbarkeit auftut und das Barabara Riederer-Grohs im Katalog folgendermaßen beschreibt: „Die Dolden des Wiesenkerbels und der Wilden Möhren, die Blütenköpfchen des Hahnenfußes und die Stängel des Salbeis vereinen sich zu einem Gespinst von Weiß, Gelb und Blau. (…) In den Wiesenbildern zeigt sich die Heiterkeit durchsonnter Tage nicht nur in den leuchtenden Farben, die Licht in sich zu sammeln scheinen, sondern auch in ihrer rhythmischen Strukturierung.“ 

Der nach Objektivität suchende Begriff, wie Landschaft oder Blumenwiese wird immer konfrontiert mit einer sinnlich gegebenen  Situation einer solch in Begriffe gefassten Erscheinung. Auf diese sinnlich unmittelbar erfahrbare Erscheinung in ihrer Gegebenheit und ausschließlichen Selbstidentität zielt der Maler Werner Grund nachhaltig ab. Die Umsetzung kann dabei im Grunde nur in einer Art Spiegelbildlichkeit liegen, nämlich die Malerei zu einer ebensolchen  authentischen und ganz auf sich Selbst zielende Identität zu erheben. Hier nähert sich Werner Grund dem an, was Schelling als das absolut Identische bezeichnet hat und das sich als ein produktives Vermögen der Einbildungskraft im Bereich der Kunst zeigt, weil nur sie in der Lage ist, Widersprechendes zusammenzufassen und zu denken

 

Damit überschreitet Werner Grund in seinen Darstellungen die rein begriffliche Denotation, wie z.B. im Bild einer toskanischen Landschaft, in der das Blühen  der Felder, das Aufragen der Zypressen, sich mit einer in sanften Hügeln aufsteigenden Formation trifft und an hoch aufragenden Bergwänden als Bewegung endet. Auf der Bildfläche, dies gilt für einen Großteil seiner Landschaften, bringt sich die Natur selbst dabei in schwebenden Farbklängen zur Wirkung. Sie differieren vielfältig zwischen einer winterlich, in der Lineatur dunkler Ackerfurchen erstarrten und ins farblose Weiß gesetzten Stimmung oder erheben sich zu einer lebhaften Farborchestrierung in sommerlich hellen Blautönen und Farben aus den Bereichen Gelb, Gelborange, Rot bis hinein ins dunkle, schwere Grün, um solcherart  über ihre Stimmung zur Stimmlichkeit der Natur im Bilde beizutragen.

Die Natur selbst schweigt. Sie mutet in ihrer schweigsamen Verschlossenheit den Maler an, der sich aufmacht, ihr mit Pinsel, Farbe und Leinwand auf den Leib oder auf ihr Selbst zu rücken. Und wenn sie spricht, dann mit einer Stimme, die wir sicher nicht verstehen und so sind wir gezwungen ihr selbst eine Stimme zu geben. Das was wir von ihr hören und sehen, ist, um mit Hegel noch einmal zu sprechen, „die Produktionen des sinnig horchenden Geistes, der (sie) in seinem Hinauslauschen in sich selbst produziert.“ Solches nämlich, wie schon erwähnt, wird durch die Einbildungskraft bewirkt.

In dieser Retrospektive auf das Werk des Hohenlohers Malers Werner Grund, wie er sich selbst bezeichnete, ist dieses Hinauslauschen  eines sinnig  horchenden Geistes zu sehen und unmittelbar über die eigenen Sinne erlebbar. Auf diese Weise wird das Echo eines hineinrufenden oder hineinmalenden Geistes hörbar, das aus seinen Bildern, besonders den Landschaften und den blühenden Sommerwiesen mit ihren schmalen Horizont am oberen Bildrand,  in dem Himmel und Erde ineinander übergehen, gleichsam  herausschallt.

 

Die Folgerungen aus diesen Arbeiten, mit ihren malerischen Rauminterpretationen, sind die ganz auf die Fläche und die Farbe gestellten abstrakten Kompositionen. Werner Grund hat sie jedoch nicht geometrisch aufgebaut, sondern erstellte Formationen im Sinne von Schichtungen oder auch Ablagerungen, die im Formausdruck mehr aus den Wesensmomenten der organischen Natur abgeleitet zu sein scheinen. Es handelt sich hier vielfach um Kompositionen, die auf einer Farbe basieren, wie  die Rote oder Blaue Komposition, in denen jeweils ein Farbklang dominiert und Einsprengsel anderer Farben, oftmals in komplementärer Spannung,  in sich einschließen.  Die Farbe breitet sich dabei fließend, wie ein Farbfeld oder Farbteppich aus, der weniger von der Vielfalt der Farben gehalten wird, wie z. B. bei dem Bild Blumenwiese II aus dem Jahr 1976, das sich in einer blühenden Farbenvielfalt darstellt, sondern eine strenge Farbdominanz besitzen.

 

Besonders eindrucksvoll wirkt die Komposition mit dem großen grünen Farbfeld, das sich in seinen Fließen nicht verliert, sondern geradezu verdichtet in eine undurchdringliche grüne Wand, von hoher Farbintensität, aus der heraus neue Farbmomente sich entwickeln, aber immer im Rahmen dieses mächtigen Grün sich halten und zur Wirkung kommen. Die Stimmlichkeit oder Stimmung dieser Kompositionen kommt aus der Farbe selbst. Sie kann sich mehr ins melancholische Blau verlieren oder  in der Materialität eines heftigen Rots zu einer lebhaften Artikulation führen.

 

In dem Bild aus dem Jahr 1967, dem Werner Grund den neutralen Titel Farbkomposition I gegeben hat, breitet sich in dunklen Blautönen, die bis ins Schwarzblau reichen und immer wieder durchbrochen werden von, gleichsam wie Luftblasen aufsteigenden hellen, weißen Farbpunkten und Farbschlieren, eine rätselhafte Stimmung aus, die an dunkle und tiefe Gewässer erinnert. An einem solchen Bild, wie auch an den anderen Farbkompositionen von Werner Grund, zeigt es sich, dass diese Einsicht wohl stimmt, die da behauptet, dass der Mensch sich letztendlich überall nur wieder sich selbst begegnet.

Ein Erkenntnisgewinn solcher Begegnungen und ihre Antwort bestehen dann darin, dass er, der Mensch, primär, bei genauer Befragung sich selbst wohl ein Rätsel sein muss. Ein Rätsel, das sich in den Farbkompositionen von Werner Grund auftut und sich als eine farbbewegte Form erweist, die auf ganz eigenartige Weise in eine Tiefe führt, deren Grund nicht auslotbar ist oder auf deren Grund sich allerhand befindet, dem Werner Grund mit Farbe und Form, um bei diesem Wortspiel zu bleiben,  auf den Grund gegangen ist.

 

Das Aquarell einer Küstenlandschaft in Istrien aus dem Jahr 1972 hält die Farben in der Bildebene fest und lässt sie als ein Nebeneinander von Farbflecken, Farbpunkten erscheinen, die in einer das Bildformat dominierenden Großform gefasst werden, die wiederum assoziativ an eine Bergformation vor der tiefblauen Meeresfläche erinnern lassen. Im Gesamt der Bildes dominiert die Farbe in ihrer Bewegung vom hellen Gelborange, über ein warmes Olivgrün, bis zum schweren Dunkelbraun und einem kraftvollen Ultramarin. Die Landschaft wird in diesem Aquarell zur Komposition und thematisiert das, was Werner Grund in einer Reihe von Aquarellen aus den siebziger Jahren, mit dem Titel Malerei  belegt, nämlich das Malerische selbst.

 

In seiner Ausbildung an der Stuttgarter Akademie war unter er anderem Schüler bei Manfred Henninger, dem das Malerische selbst sehr viel in seinen Arbeiten bedeutete und zuvor noch im Elternhaus lernte er über seinen Vater als Heranwachsender, der bei Christian Landenberger in Stuttgart studiert hatte, den malerischen Umgang mit der Farbe und ihren Wert für den unmittelbar subjektiven Ausdruck  kennen.  Bei Rudolf Yelin dagegen, seinem anderen Lehrer, arbeitete Werner Grund im Bereich der angewandten und auftragsbezogenen Malerei und Gestaltung, die ihn später eine Reihe von eindrucksvollen und ins Große gedachten Glasfenstern, Glas- und Natursteinmosaiken in öffentlichen Gebäuden erstellen ließ.

 

Besonders jedoch  in seinen Aquarellen, die schon aus der Art, wie die Farbe fließt, sich mit dem Bildgrund, dem Papier, verbindet und auf schnelles und spontanes Arbeiten angelegt sind, kommt das Malerische selbst zum Vorschein. In diesem Malerischen seiner Aquarelle tritt das hervor, was Schelling der Kunst allein zuschreibt: Die Objektivität der intellektuellen Anschauung.  Damit meint er, dass bei der Kunst, die schon zu Anfangs erwähnte Trennung von Subjekt und Objekt in einem Produkt aufgehoben ist, während sie beim Menschen bestehen bleibt, da es das reine Ich, oder das Ich bin Ich, sozusagen nur als  Tautologie geben kann.

In diesen Kompositionen gelingt es Werner Grund in eine Form von malerischer Allgemeinheit vorzustoßen, die aus der Farbe selbst kommt und auch nichts mehr sein will, als flüssig, aus lockerer Hand mit dem Pinsel auf Papier hin gemalte Farbe in der Unendlichkeit ihrer Ausdrucksmöglichkeiten. Das, was auf dem Papier als Produkt erscheint, ist etwas, das im Gegensatz zu den, der Objektivität verpflichtenden Dingen, die in bestimmten Relationen und Wirkungszusammenhängen zueinander bestehen, davon völlig losgelöst sind und daher außerhalb dieser Zwänge betrachtet werden können. Es ist daher nichts mehr und nichts weniger als das Malerische, das hier allein und durchgängig in allen Werken von Werner Grund zur Wirkung kommt und dies, wie der Titel der Aquarelle besagt, als die Malerei  selbst.

 

Eine Retrospektive trägt das zusammen, was der Maler in seinem Atelier hinterlassen und das ihn im einfachen Wesen des reinen Existierens überdauert hat. Im Atelier, der vitalen Versuchs- und Experimentierstätte der Künstler, versammelt sich das, was in seinem Insichsein als Werk bezeichnet wird und in dieser unmittelbaren Existenz sich als Dinge erweist. In ihrer nicht reflektierten Unmittelbarkeit als Dinge verharren die Bilder im Atelier und als Nachlass in einem Zustand, der erst im Rahmen einer Ausstellung und Retrospektive ein mannigfaltiges und damit äußeres Dasein bekommt, weil sie nun wieder in einen kommunikativen Zusammenhang und der Begegnung mit Menschen selbst gestellt werden.

 

Margarete Grund hat mit Hilfe ihrer Kinder, wofür sie ihnen dankt und verbunden ist, diese schöne Ausstellung zusammengestellt, in der Werner Grund über seine Bilder wieder als Person greifbar wird.  Sie treten in das Moment der Vermittlung  und führen in Etappen von den anfänglichen und noch nicht akademisch geschulten Arbeiten aus den fünfziger und frühen sechziger Jahren hin zu den Werken, die mit den dunklen Farbkompositionen aus den späten sechziger und siebziger Jahren sich als Bilder eines ganz persönlichen Stils und von  besonderer Ausdruckskraft erweisen. Seit dieser Zeit ist der Maler, Werner Grund,  ganz bei sich selbst und dem, was er, wie schon erwähnt, vermitteln will, das Malerisch selbst und dies im Gewand des Farbschönen, das sich als Artikulation farbiger Vielfalt in der Bandbreite von der Farbfläche, zum Farbfleck, spontanen Farbspitzer, bis hin zum  kleinsten Farbpünktchen konstituiert.

 

Diese, so ganz aus der Malerhand geschaffene Farbschönheit hat sich für Werner Grund, der nichts mehr sein wollte, als ein guter Maler aus Hohenlohe, aus dem erlebten Augenblick heraus ergeben, aus diesem goldnenen Überfluss der Welt, von dem Goethe spricht, und wie sie sich als flüchtige Erscheinung dem Auge in einer blühenden Blumenwiese, einem Blumenstrauß oder in der Landschaft offenbarte. Diese, in einem Augenblick erfasste Stimmigkeit der Erscheinung eines in sich Schönen, gewinnt im Werk von Werner Grund Gestalt und Dauer.

 

Im Schönen tritt das auf, was zuvor schon als anschauende Idee  angesprochen wurde, die sich im sinnlichen Scheinen äußert und zu einem Anderen spricht.  Die Eigenschaft der Schönheit der Bilder von Werner Grund besteht darin, dass sie im Anderen, zu dem sie sprechen,  Vielfältiges bewirken und  vor allen Dingen da wirken, wo ein Mangel an Schönheit besteht. Das Schöne zeigt sich nach Schiller in der Übereinstimmung von Geist und Natur und damit in der Mitte eines Maßes oder auf der Grenzlinie zwischen dem rein Subjektiven und dem Objektiven, auf der Werner Grund seine Bilder angesiedelt hat.

 

Dies kommt vor allem bei den späten, abstrakten Kompositionen aus den neunziger Jahre zur Wirkung, in denen der farbige Zusammenhalt immer auf dem Vielen im Einen beruht.  Widersprüchliches kommt dabei zur Einheit. So treibt der Künstler in diesen Kompositionen die Farben beinahe explosionsartig auseinander, umfasst sie jedoch immer wieder, bindet sie an einen bestimmten Ort fest, um sie vom Eindruck her sofort wieder loszulassen  und auf derselben Stelle das Allerkleinste in das Große hinein zu verweben, um auf diese Weise eine Gewebe und Gleichnis für das Malerische selbst zu schaffen.

 

Insgesamt ist es Werner Grund in seinen Bildern gelungen, das Schöne als das Dritte zwischen dem rein Stofflichen und dem rein Formalen des Verstandes zu konstituieren und diesem Schönen als Maler seinen von ihm geprägten, unverwechselbaren Ausdruck zu geben, der letztendlich im Rätsel der Malerei selbst ruht. Das Auge des Malers gibt den Farben eine Seele und sein malerischer Blick ruft die Dinge der Welt ins sinnliche Scheinen und damit bewerkstelligt er ihre Erhebung ins Schöne, das dann Verstand und Einbildungskraft gleichermaßen anrührt und ebenso sehr für sich selbst gefällt.

 

Meine Damen und Herren  damit will ich schließen, Ihnen in dieser bemerkenswerten Retrospektive von Werner Grund als Begleitung diese Rätselfrage mitgeben: Warum malt der Mensch Bilder?  Neo Rauch, zur Zeit einer der bedeutendsten deutschen Maler, meint dazu, um das in Fassung zu bringen, was uns fassungslos macht. Dies kann durchaus auch die Erscheinung einer blühenden Sommerwiese sein.

Ich danke Ihnen für Ihre freundliche Aufmerksamkeit und vor allen Dingen Frau Margarete Grund dafür, dass sie uns mit dieser Ausstellung das Leben und Werk ihres Mannes wieder zurückgegeben und in die Erinnerung gerufen hat, zumal Mnemosyne, gr. die Erinnerung,  nicht umsonst die Mutter der Musen genannt wurde.

Ernst Hövelborn

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